Wie viele Patienten würden Sie als schwierig bezeichnen? Kommen Sie auf 10 bis 20 Prozent? Im Praxisalltag nehmen schwierige Patienten einen nicht unermesslichen Teil der Arbeitszeit ein. Wir erklären deshalb, wie Ihnen der Umgang gelingt.

Ein schwieriger Patient – Eine subjektive Wahrnehmung?

Ab wann ist ein Patient schwierig? Nicht jeder Arzt oder jede MFA empfindet dieselben Personen als schwierig. Die Wahrnehmung ist subjektiv, schließlich sind auch Ärzte und MFAs nur Menschen, die Situationen individuell wahrnehmen. 

Dabei kann es auch vorkommen, dass ein Patient an einem Tag als einfach wahrgenommen wird, während er an einem stressigen und sehr fordernden Arbeitstag in der Praxis als eher schwierig eingestuft wird.

Festzuhalten ist jedoch, dass ein schwieriger Patient negative Gefühle bei seinem Gegenüber auslöst. Von Ärger, Frustration über Wut bis hin zur Hilflosigkeit oder Überforderung ist die Palette breit.

Dabei gilt nicht unbedingt das Krankheitsbild als schwierig, sondern das Verhalten und Äußerungen an sich. Häufig sind das Personen, die das Gesundheitssystem stärker beanspruchen als andere und häufig den Arzt wechseln.

Schwierige Patienten können folgende Eigenschaften aufweisen (die Liste ist nicht vollständig):

  • Vorwurfsvoll
  • Sehr hohe Ansprüche
  • Ständige Beschwerden und Klagen
  • Beleidigungen und respektloses Verhalten
  • Aggressivität und Streitsucht
  • Depression oder Sucht
  • Desinteresse und Schweigen
  • Uneinsichtigkeit
  • Besserwisserei und Rechthaberei
  • Befolgt keine Anweisungen oder Regeln
  • Ängstlichkeit und Verzweiflung
  • Großes Ego und Selbstüberzeugung

Verschiedene Arten

Von rechthaberischen über theatralische hin zu unterwürfigen Patienten sind Ihnen sicher schon einige Charaktere in der Praxis begegnet. Genauere Details zu den einzelnen Patiententypen erklären wir in unserem Beitrag. Dort erhalten Sie Informationen zur Herausforderung und Ansätze zur Lösungsfindung für den Umgang. 

Was tun bei aggressiven Patienten?

Aggressivität kann sehr gefährlich werden. Deshalb sollten Sie sich auf solche Situationen im Umgang mit Patienten einstellen.

Vorgehen bei Aggressivität

Mit Aggressivität ist nicht zu spaßen. Befolgen Sie diese Schritte:

  1. Bewahren Sie Ruhe – Panik ist fehl am Platz.
  2. Bleiben Sie freundlich und sprechen Sie das Verhalten an.
  3. Holen Sie sich Unterstützung vom Personal oder anderen Ärzten.
  4. Bei Handgreiflichkeiten verlassen Sie den Raum.
  5. Rufen Sie dann im Zweifel die Polizei.
  6. Sprechen Sie ein Hausverbot aus.

Deeskalationstrainings

Es gibt spezielle Trainings und Seminare zum Thema Deeskalation, die für Arztpraxen, Krankenhäuser und Psychiatrien ausgelegt sind. Wenn der Umgang mit schwierigen Patienten in Ihrer Praxis immer wieder zu einer großen Herausforderung wird, können Sie über die Teilnahme an solchen Seminaren nachdenken.

Stressfaktor reduzieren

Stress macht es Praxisangestellten und Ärzten nicht leichter, in „schwierigen“ Situationen mit Patienten ruhig und gelassen zu bleiben. Das kann zu Reaktionen und Aussagen führen, die nicht unbedingt förderlich sind, um die Situation zu entschärfen. 

Wenn aggressive oder andere schwierige Patienten häufiger in Ihrer Praxis vorkommen, sollten Sie eine Strategie zur Reduzierung von Stress erarbeiten. Die Digitalisierung einer Arztpraxis kann dazu einen Beitrag leisten. Digitale Abläufe wie eine Patientenaufnahme oder automatische Terminerinnerungen sind effizienter und entlasten Personal und Ärzte.

Das Calm-Modell zur Deeskalation

Sie können Konflikte in der Arztpraxis deeskalieren, indem Sie das Calm-Modell einsetzen. Dabei handelt es sich um ein Vorgehen, das von Schweickhardt und Fritzsche stammt. Das Modell hat vier Stufen:

  • Contact
  • Appoint 
  • Look ahead
  • Make a decision

Nicht alle Stufen müssen beim Umgang mit schwierigen Patienten durchlaufen werden, um eine Situation zu entschärfen.

Contact

Begegnen Sie dem Patienten gegenüber ruhig und freundlich. Dieser sollte merken, dass Sie ihn respektieren. Mögliche Fehler sollten Sie eingestehen, müssen diese aber nicht rechtfertigen. Vermeiden Sie Sätze wie „Das ist doch nicht so schlimm“, da diese noch mehr Emotionen auslösen können. 

Appoint

Benennen Sie die Situation oder das Verhalten. Sprechen Sie zum Beispiel aus, dass Sie bemerken, dass der Patient verärgert ist. Falls es zu verbalen oder körperlichen Ausschreitungen kommen sollte, benennen und stoppen Sie diese. Ziel ist, dass sich Ihr Gegenüber beruhigt und Sie Gefühle wie Wut oder Frustration ansprechen können. 

So können Sie zum Beispiel sagen, dass Sie erkennen, wie enttäuscht der Patient ist und dass er sich Gedanken macht, wie es jetzt mit der Behandlung weitergehen soll.

Look ahead

Bleibt der Patient weiterhin schwierig, etwa aggressiv ist, müssen Sie klarstellen, dass Sie gemeinsam dasselbe Ziel verfolgen. Sie sind nicht der „Feind“, sondern wollen helfen. Machen Sie Vorschläge, wie es weitergehen kann, zum Beispiel: „Jetzt stellt sich die Frage, wie wir weitermachen. Wir können uns darauf festlegen …“. 

Falls der Patient bisher Grenzen überschritten oder Behandlungen nicht wahrgenommen hat, sollten Sie in dieser Stufe des CALM-Modells auch weitere Spielregeln benennen.

Make a decision

In der letzten Stufe sollte eine Entscheidung fallen. Lassen Sie dem Patienten den Freiraum, um zu entscheiden, ob er Ihrem Vorschlag zustimmt oder diesen ablehnt. Wichtig ist, dass Sie klarmachen, dass er bei Ihnen keine anderen Möglichkeiten mehr bekommt und Sie nicht bereit sind, weitere Diskussionen zu führen. 

Verdeutlichen Sie, dass weitere Diskussionen nicht mehr zielführend sind und sich der Patient entscheiden muss. Eine Bedenkzeit im Wartezimmer oder an der frischen Luft ist an dieser Stelle nicht verkehrt.

Jetzt kennen Sie das CALM-Modell. Steigen Sie bei der Stufe ein, die Sie in einer Situation mit einem schwierigen Patienten für notwendig halten. Es ist durchaus möglich, auch mit Stufe 4, „Make a decision“, zu beginnen.

Wie eine digitalisierte Praxis die Arzt-Patient-Kommunikation verbessern kann

Als Arzt oder MFA sollten Sie immer professionell bleiben. Sachlichkeit und Objektivität sind wichtige Eigenschaften in der Kommunikation, egal ob während eines Arzt-Patient-Gesprächs oder an der Rezeption bei der Ausgabe eines Rezepts. Gleichzeitig dürfen und sollten Sie auch Empathie und Verständnis zeigen. Hier einen guten Mittelweg zu finden, ist nicht immer einfach, auch weil Sie hier sehr individuelle Entscheidungen treffen müssen. 

Außerdem ist es entscheidend, (schwierige) Patienten umfassend zu informieren und ihnen stets alle Fragen zu beantworten. Im Praxisalltag fehlt oftmals die Zeit, weshalb digitale Kommunikationsmittel eine große Hilfe darstellen. 

Individuell zugeschnittene Vorabinformationen zu einer Patientenaufklärung sind eines von vielen Beispielen. Genauso ist es möglich, die Kommunikation generell zu digitalisieren. Wenn schwierige Patienten sich selbst anmelden oder vor dem Besuch einen Fragebogen (Anamnese) ausfüllen, kann das für den behandelnden Arzt Vorteile haben. Voraussetzung ist natürlich, dass die zu behandelnde Person nicht so „schwierig“ ist, dass sie diese Art der Kommunikation nicht annimmt.

Lesen Sie mehr über den Nutzen die Vorteile einer digitalen Patientenaufnahme und Anamnese in unserem E-Book zum Thema, und erfahren Sie wie Idana auch Ihren Praxisalltag und die Kommunikation mit Ihren Patienten erleichtert.

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