Bei einer Praxisübernahme haben Patienteninformationen einen hohen immateriellen Wert. Allerdings dürfen Ärzte nicht ohne Weiteres auf die Patientendaten zugreifen. Was zu beachten ist, wie die Praxisabgabe und Übernahme erfolgreich verläuft und welche Ausnahmen es bei der Handhabung von Patientenkarteien gibt, lesen Sie hier.

Wie man mit Patienteninformationen bei einer Praxisübernahme umgeht

Bei einer Praxisübernahme dürfen Patienteninformationen nicht ohne Weiteres an den Nachfolger übergeben werden. Die ärztliche Schweigepflicht würde dadurch verletzt werden und ein Arzt nach § 203 Strafgesetzbuch und § 134 Bürgerliches Gesetzbuch gegen das Gesetz verstoßen.

Für die rechtssichere Übertragung ist die ausdrückliche Zustimmung der Patienten notwendig. Patienten haben zudem ein Selbstbestimmungsrecht über Ihre Daten. Schließlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder Patient sich vom Nachfolger behandeln lassen möchte. Liegt keine Zustimmung vor, dürfen die Patientenakten daher bei der Übernahme einer Arztpraxis nicht vom neuen Arzt eingesehen werden.

Patienten sind auch berechtigt, nur die teilweise Übertragung ihrer Patienteninformationen zu erlauben. Bringt ein Patient diesen Wunsch auf, muss er berücksichtigt werden.

Zwei-Schrank-Modell: Patientenakten in Papierform

Diese Regelungen und Vorschriften werden mit dem Zwei-Schrank-Modell gelöst, das vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz (ULD) vorgeschlagen wird. Bei einer Praxisübernahme werden die Patienteninformationen in einem separaten und verschlossenen Schrank aufbewahrt und der Nachfolger hat keine Befugnis, die Akten einzusehen.

Erst wenn die Zustimmung eines Patienten vorliegt, darf auf die entsprechende Patientenkarte zugegriffen und diese in die neue Akte überführt werden. Am besten lassen sich Praxen die Zustimmung schriftlich bestätigen und dokumentieren die Einwilligung in der neuen Akte.

Zwei-Schrank-Modell: elektronische Patientenakten

Werden Patientenakten elektronisch geführt, muss der bisherige Praxisinhaber den Zugriff mit einem Passwort sperren. Erst wenn eine Zustimmung des Patienten vorliegt, darf dem Übernahmearzt Zugriff gewährt werden.

Wichtig: Die Aufbewahrung stellt nach Artikel 4 Nr. 2 DSGVO bereits eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar. Ärzte sollten daher eine Auftragsverarbeitungsvereinbarung (AVV) treffen.

Welche gesetzlichen Vorgaben gilt es einzuhalten?

Patienteninformationen sind bei einer Praxisübernahme nicht verkäuflich. Ärzte müssen ihre Schweigepflicht und datenschutzrechtliche Vorgaben einhalten.

Neben der Schweigepflicht haben Ärzte zudem eine Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht. Diese sieht vor, dass Patientenakten für mindestens zehn Jahre nach der Behandlung aufbewahrt werden.

Wie teilt man den Patienten die Übernahme mit?

In vielen Fällen ist es im Interesse der Patienten, weiterhin in einer Praxis behandelt werden zu können. Die Praxisübernahme sollte daher nicht von heute auf morgen, sondern schrittweise erfolgen.

Wird ein Arzt schon vor der Praxisübernahme zum Beispiel als Vertreter oder Assistent tätig, haben Patienten auch Zeit, den neuen Arzt kennenzulernen und Vertrauen zu ihm aufzubauen. Ist den Patienten der Arzt bekannt, kann zudem auf eine ausdrückliche Einwilligung von Patienten zur Übertragung der Patientenakte verzichtet werden.

Ist dafür keine Gelegenheit, sollte eine Arztpraxis ihre Patienten rechtzeitig über die Praxisübernahme informieren. 

Ausnahmen bei Datenschutzvorgaben

Bei der Praxisübernahme können Patienteninformationen mit einigen Ausnahmen auch ohne Einwilligung an den übernehmenden Arzt übertragen werden. Das ist dann der Fall, wenn der Arzt bereits bekannt ist oder es sich um einen Wechsel des Betriebsarztes handelt.

Betriebsarztwechsel

Bei einem Wechsel des Betriebsarztes muss grundsätzlich keine Einwilligungserklärung der Arbeitnehmer vorhanden sein, um die Patientenakten zu übertragen.

Diese Regelung wird damit begründet, dass Betriebsärzte in der Regel nur ein Minimum an medizinischen Daten über die Patienten haben. Hierbei handelt es sich um die Informationen, die notwendig sind, um den Arbeitgeber in seiner Sorgfaltspflicht zu unterstützen. Bei einem Wechsel dürfen die Informationen übertragen werden, damit der neue Betriebsarzt nahtlos anknüpfen und den Arbeitgeber ohne Einbußen unterstützen kann.

Zudem wird argumentiert, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Betriebsarzt und Arbeitnehmern generell schwächer ist als beispielsweise zu einem Hausarzt. In den meisten Fällen haben schließlich Arbeitnehmer einen zusätzlichen Hausarzt. 

Wichtig ist jedoch, dass bei einer Übergabe der Daten nur die Patienteninformationen übernommen werden dürfen, die Patienten nicht freiwillig gemacht haben. Alle freiwilligen Angaben fallen unter die ärztliche Schweigepflicht und dürfen nur mit Zustimmung des Patienten übertragen werden.

Der Arzt ist bekannt

Wenn ein Arzt bereits bei Patienten bekannt ist und diese behandelt, ist eine Zustimmung zur Übernahme der Patientenakte nicht erforderlich. Der Arzt ist dann von der Schweigepflicht befreit (§ 9 Absatz 4 BO) und hatte ohnehin bereits Zugriff auf die Patientenakte. Das Zwei-Schrank-Modell muss dann nur für Patienten angewendet werden, die noch nicht vom neuen Arzt behandelt wurden.

Aufbewahrungspflichten für Patientenakten

Die Berufsordnung für Ärzte sieht eine Dokumentations- und Aufbewahrungspflicht vor. In § 10 Absatz 3 BO sind dafür mindestens zehn Jahre festgelegt, sofern keine anderen gesetzlichen Vorschriften eine längere Aufbewahrungspflicht vorsehen. Die Frist von zehn Jahren beginnt, sobald die Behandlung eines Patienten abgeschlossen ist.

Patientenakten dürfen bei einer Praxisübernahme oder Praxisschließung daher auf keinen Fall gelöscht oder zu Teilen gelöscht werden. Alle Daten müssen sicher verwahrt werden und es muss jederzeit die Möglichkeit bestehen, darauf zuzugreifen.

Bei einer Praxisübernahme werden die Patienteninformationen nach der sogenannten Verwahrungslösung aufbewahrt. Bei der Praxisabgabe verpflichtet sich der Erwerber der Praxis, die Patientenkarte zu verwahren. Damit wird der Dokumentationspflicht nachgekommen. 

Wie ein digitales Praxismanagement die Patientenübernahme vereinfacht

Das manuelle Zwei-Schrank-Modell mag in vielen Praxen noch Anwendung finden, wenn es sich um die Praxisabgabe einer älteren Praxis handelt. Das moderne Praxismanagement handhabt Patientenkarteien dagegen digital. 

Liegen bei der Praxisübernahme die Patienteninformationen in Papierform vor, ist die Übertragung – sofern die Einwilligung der Patienten vorliegt – in eine elektronische Patientenakte zu empfehlen. 

Insbesondere bei einer Praxisübernahme sollten Sie die Chance nutzen, dem Praxismanagement einen Neustart zu verschaffen und bestehende Systeme und Abläufe zu überdenken. Die Zukunft ist digital und je mehr Sie sich bei einer Praxisübernahme um die Digitalisierung kümmern, desto weniger Aufwand haben Sie im Nachhinein, Prozesse zu überarbeiten.

Nutzen Sie daher die Gelegenheit, eine gründliche Planung vorzunehmen und an der richtigen Stelle zu investieren, um nach der Praxisübernahme eine moderne Arztpraxis führen zu können.

Anfangs mag es zwar den Eindruck machen, mit einem größeren Aufwand verbunden zu sein. Wenn Sie aber Abläufe wie die Patientenaufnahme digitalisieren, erleichtern Sie den Praxisalltag nicht nur Ihrem Personal, sondern hinterlassen auch bei Ihren neuen Patienten einen positiven und bleibenden ersten Eindruck.

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