Die ärztliche Schweigepflicht gilt für alle Ärzte. Ausnahmen sind jedoch die Regel. Erfahren Sie, wann Sie Auskunft geben dürfen oder sogar müssen. Wir erklären außerdem, wie die Digitalisierung neue Herausforderungen aufbringt.

Was umfasst die ärztliche Schweigepflicht?

Die Berufsordnung der Landesärztekammern zählt im §9 Abs. 1 MBO-Ä „das, was Ihnen in Ihrer Eigenschaft als Ärztin oder Arzt anvertraut oder sonst bekannt geworden ist“ zur Schweigepflicht. Folglich ist sie sehr umfassend.

Hält sich ein Arzt nicht an seine Pflichten, kann er die Approbation verlieren, auf Schadensersatz verklagt werden oder muss – in schweren Fällen – mit einer Haftstrafe rechnen.

Verschwiegenheitspflicht von Arzt zu Arzt

In einer Arztpraxis können Patienteninformationen, die zur Behandlung eines Patienten und zum Praxisbetrieb notwendig sind, innerhalb des Praxisteams weitergegeben werden. Das bedeutet, dass die ärztliche Schweigepflicht nicht verletzt wird, wenn MFAs, Auszubildende oder Ärzte im Praktikum davon erfahren. Wichtig ist jedoch, dass der Umgang mit Patienteninformationen ausschließt, dass Unbefugte Einblick haben.

Bei der Weitergabe von Informationen an einen Konsiliararzt ist davon auszugehen, dass der Patient mutmaßlich einwilligt, es sei denn, er äußert sich dagegen. 

Weitere Vorschriften sind bei einer Praxisübernahme zu beachten. Deshalb findet hier normalerweise das Zwei-Schrank-Modell Anwendung.

Auch im kollegialen Umfeld muss man achtgeben, denn auch hier besteht eine Schweigepflicht. Der Austausch unter Ärzten zu Behandlungsfällen ist zwar gestattet, sollte aber ohne Bezug zu einer Person stattfinden, es sei denn, beide Ärzte haben von vornherein Zugang zur Patientenakte.

Schweigepflicht gegenüber Dritten

Die Schweigepflicht gilt generell gegenüber Dritten wie anderen Ärzten, Angehörigen, Ehepartnern, für Eltern von Minderjährigen ab 16 Jahren und Unternehmen oder Institutionen. Sofern keine gesetzliche Offenbarungspflicht vorliegt oder andere Ausnahmen geregelt sind (wie zum Beispiel bei Konsiliarärzten) müssen sich Ärzte daran halten.

Schweigepflicht nach Todesfall

Auch mit dem Tod eines Patienten bleibt die Pflicht zur Verschwiegenheit für Ärzte bestehen. Diese wird dann als postmortale Schweigepflicht bezeichnet. Indem ein Patient den Arzt vor seinem Tod von der Schweigepflicht befreit, dürfen die „Geheimnisse“ des Patienten an Erben oder Angehörige weitergegeben werden. Die Zustimmung dafür kann ausdrücklich oder durch mutmaßlichen Willen erfolgen. Der Arzt muss in diesem Fall beurteilen, in welchem Sinne der mutmaßliche Wille des verstorbenen Patienten war.

Eine Ausnahme der Schweigepflicht liegt gemäß § 630 g Abs.3 dann vor, wenn Erben oder Angehörige von vermögensrechtlichen Ansprüchen Gebrauch machen wollen, zum Beispiel im Falle von Behandlungsfehlern. 

Schweigepflicht von Betriebsärzten

Für Betriebsärzte gelten in erster Linie die gleichen Regeln wie für andere Ärzte. Verschwiegenheit ist oberstes Gebot und eine Nichteinhaltung ist strafbar. Details einer Untersuchung dürfen nicht einfach an den Arbeitgeber weitergegeben werden. Betriebsärzte dürfen lediglich eine Beurteilung abgeben, ob ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit geeignet oder ungeeignet ist. Gründe können ohne Einwilligung des Arbeitnehmers nicht genannt werden. 

So erhält der Arbeitgeber bei einer Untersuchung zur Pflichtvorsorge unter anderem eine Bescheinigung zum Anlass der Vorsorge, dem Tag der Durchführung und wann nach Beurteilung des Arztes eine weitere Untersuchung nötig ist. Zu Diagnosen und Befunden muss sich der Betriebsarzt dagegen verschwiegen verhalten.

Genauso verhält es sich bei Vertrauensärzten, medizinischen Gutachtern oder sogar dem Polizeiarzt. Bei einer angeordneten Blutprobe im Rahmen einer Drogenkontrolle darf nur der Drogengehalt dokumentiert werden. Stellt der Arzt anhand der Blutprobe eine Entzündung fest, muss er darüber stillschweigen bewahren.

Gesetzliche Offenbarungspflichten

An den verschiedenen Offenbarungspflichten sind die Ausnahmen der Schweigepflicht gut zu erkennen. Ärzte sind dann zur Auskunft verpflichtet, ohne dass der Patient dem vorher einwilligen muss. Die Offenbarungspflichten betreffen unter anderem diese Gesetze:

  • Infektionsschutzgesetz
  • Strahlenschutzrecht
  • Krebsregistergesetze der Länder
  • Bestattungsgesetze der Länder
  • Betäubungsmittelgesetz
  • Gesetzliche Unfallversicherung
  • Gesetz zur Kooperation und Information im Kinderschutz
  • Personenstandsgesetz
  • Strafgesetzbuch
  • Sozialgesetzbuch 

Insbesondere Vertragsärzte haben gemäß Sozialgesetzbuch V Offenbarungspflichten gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen (z.B. zum Zweck der Abrechnung), Prüfungsstellen, Krankenkassen und dem medizinischen Dienst.

Sollte ein Patient einem Arzt ein Vorhaben zu einer Straftat mitteilen, macht sich der Arzt schuldig, wenn er dies nicht anzeigt.

Ab dem 01.01.2023 gilt eine neue Vorschrift für die gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge (§ 1358 BGB). Unter bestimmten Voraussetzungen liegt dann eine Schweigepflichtsentbindung vor, auch wenn der Ehegatte über keine Vorsorgevollmacht verfügt.

Der Umgang mit der ärztlichen Schweigepflicht in der digitalisierten Praxis

Die Schweigepflicht stellt Herausforderungen an die Digitalisierung. Arztpraxen müssen hier einen sorgfältigen Umgang sicherstellen, um die Gesetze nicht zu verletzen. Außerdem müssen sich Praxen an die Vorschriften des Datenschutzrechts (DSGVO) halten. Darunter fällt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Als Praxisinhaber tragen Sie hierfür die Verantwortung.

Eine Verletzung der Schweigepflicht ist zum Beispiel der Fall, wenn vertrauliche Informationen der Patienten unverschlüsselt elektronisch übermittelt werden. Unverschlüsselte Messenger-Dienste oder E-Mails sind daher nicht für den Einsatz in der Praxis geeignet. Arztpraxen sollten eine sichere Software verwenden, die entsprechende Anforderungen erfüllt. 

Ein weiterer Aspekt sind Fernbehandlungen per Videosprechstunde. Hierfür sind beispielsweise nur zertifizierte Video-Diensteanbieter gestattet, die den Voraussetzungen der KBV entsprechen. Die Digitalisierung macht es möglich, als Arzt von Zuhause aus zu arbeiten. Auch hier müssen Sie Vorschriften befolgen und ein sicheres Netzwerk nutzen.

Als Arzt müssen Sie sich auch mit Neuerungen wie der elektronischen Patientenakte oder eRezepten befassen. Das Patienten-Datenschutz-Gesetz bietet eine Orientierung. Die DSGVO erlaubt es, Daten zum Beispiel für die Anamnese zu erheben und die Diagnose zu dokumentieren. Für Behandlungszwecke benötigen Sie dafür keine separate Einwilligung der Patienten, die jedoch in anderen Fällen erforderlich sein kann. 

Mit der Digitalisierung die Schweigepflicht sichern

Die ärztliche Schweigepflicht sollte in jedem Fall ernst genommen werden, da Sie sonst Ihre Zulassung als Arzt und mehr riskieren. Das soll aber nicht heißen, dass Sie sich vor der Verschwiegenheitspflicht „fürchten“ sollten und deshalb keine Schritte in Richtung Digitalisierung vornehmen.

Mit den richtigen Netzwerken, Systemen und Software können Sie sicherstellen, dass die Daten Ihrer Patienten sicher und geschützt sind und Unbefugte keinen Zugang erhalten. Dann haben Sie eine große Bandbreite an Möglichkeiten, Ihre Arztpraxis zu digitalisieren und eine moderne Patient Journey bei einem Praxisbesuch zu bieten. 

Beispiele, die bereits in der Praxis umgesetzt werden, sind die digitale Patientenaufnahme, Anamnese, Patientenbefragungen, digitale Formulare oder Hilfen beim Erstellen von Arztbriefen. Auf diese Weise machen Sie Ihre Praxis trotz ärztlicher Schweigepflicht zukunftsfähig, begeistern Ihre Patienten und entlasten Ihr Praxisteam. 

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